Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.
Matthäus 25
Die Einladung zu unserem Weihnachtskonzert erzählt eine Geschichte. Die Geschichte von Flucht und Vertreibung, von Heimat und Verlust, eine Geschichte, die so alt ist, wie die Menschheit. Solange
wir denken, sind Menschen geflohen, vor Krieg, vor Hungersnöten, vor Genozid. Ob Abraham nach Ägypten ging, ob Menschen aus den Ostgebieten Europas, aus dem Sudetenland oder Ostpreußen fliehen
mussten, ob während der Naziherrschaft jüdische Familien Deutschland verlassen mussten, um dem Völkermord zu entgehen oder ob aus dem Irak und Syrien in unseren Tagen Millionen Menschen
vertrieben werden oder fliehen, die Vertreibung, Flucht und der Heimatverlust sind keine neue Begebenheit. Jesus wurde in der Fremde geboren und Joseph und Maria waren fortan auf der Flucht, um
das Kind vor den Herrschenden, vor Herodes, zu retten.
Und so sind auch unsere „Darsteller“ der heiligen Familie Flüchtlinge, Vertriebene. Wir sehen zwei junge Menschen, einen jungen Mann aus Syrien, eine junge Mutter aus Nigeria und die Mensch
gewordene Hoffnung für die Zukunft, das Baby, die uns hier in der Gemeinde in der Flüchtlingsbetreuung im Ankerplatz ev. begegnet sind. Der Weg, den sie zurückgelegt haben, war dramatisch,
gefährlich und von Verlusten begleitet. Nihad aus Syrien und Blessing aus Nigeria, die aus Libyen vertrieben wurde, ein Muslim und eine Christin und das Baby der jungen Frau.
Jede Epoche hat die Geschichte der Heiligen Nacht auf ihre eigene Weise erzählt; in der Musik wie in der darstellenden Kunst. Wir kennen romantische, expressionistische Weihnachtsbilder und
Tondichtungen. Dieses Bild ist für uns die heutige Geschichte von Flucht, Vertreibung, Verlust der Heimat und der Sehnsucht nach der Heimat. Epheser 2 denkt vor, dass der Fremde unser Gast ist,
in dem Jesus selber gegenwärtig ist. Das ist die Klammer zwischen dem Bild, der Realität dieser drei, wie Millionen anderer Flüchtlinge und Vertriebenen aus allen Zeiten und der Botschaft der
Weihnachtskantate von Rheinberger, die in ihrer Zeit romantisch das Suchen, die Bedrohlichkeit und die Hoffnung besingt: „Die Sehnsucht verleiht ihnen Flügel".